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Der Kampf um den Briefkasten: das Phänomen Werbestopper

​„Werbestopper – und Dein Briefkasten bleibt sauber“. So lautet einer der Werbeslogans der GDVI Gesellschaft zur Durchsetzung von Verbraucher-Interessen GmbH, die unter www.werbestopper.de eine Dienstleistung anbietet, welche es Kunden erleichtern soll, „Werbeverbote gegen alle bekannten Werbetreibenden“ für dessen Region auszusprechen.

Wer sich bei Werbestopper einträgt, erhält in seinem Account eine sog. „Blacklist“ sowie eine sog. „Whitelist“ zur Verfügung gestellt. Gegenüber allen in der „Blacklist“ enthaltenen Unternehmen spricht GDVI Gesellschaft zur Durchsetzung von Verbraucher-Interessen GmbH sodann ein Werbeverbot aus. Werbestopper setzt zunächst standardmäßig alle hinterlegten Unternehmen auf die „Blacklist“. Diese müssen vom Kunden aktiv auf dessen „Whitelist“ vermerkt werden, wenn er von diesen künftig weiterhin Werbung wünscht.

Das Werbeverbot wird augenscheinlich sodann mittels maschinell erstellten Schreibens ausgesprochen, das nicht selten mehr als 20 Seiten umfasst und mehrere tausend Adressen beinhalten kann. Das Schreiben ist regelmäßig nicht unterzeichnet. Auch eine Vollmacht ist dem Pamphlet in der Regel nicht beigefügt.

Unternehmen, die einem solchen Widerspruch nicht Folge leisten und gleichwohl Werbung in den Briefkasten einwerfen, droht Ungemach. So erhalten diese nicht selten Post von einem Herrn Rechtsanwalt Kindermann aus Düsseldorf, der die Interessen einer Vielzahl von Verbrauchern zu vertreten scheint, die trotz Werbeverbot Werbung erhalten haben.

In der von Herrn Rechtsanwalt Kindermann formulierten Abmahnung heißt es sodann u.a. wie folgt:

„Das Zusenden von Werbung gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stellt einen rechtswidrigen Eingriff in seine Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, § 823 Abs. 1, § 1004 BGB.“ Weiter heißt es, der Empfänger habe durch sein Werbeverbot erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er derartiges Werbematerial nicht wünscht. Eine solche Willensäußerung sei vom Werbenden grundsätzlich zu beachten.

Da die GDVI Gesellschaft zur Durchsetzung von Verbraucher-Interessen GmbH auf der Plattform Werbestopper.de ihre Kunden recht offensiv dazu auffordert, Verstöße gegen das ausgesprochene Werbeverbot mitzuteilen, erhalten Unternehmen, die dem Werbeverbot nicht Folge leisten, häufig nicht nur eine, sondern gleich mehrere Abmahnungen unterschiedlicher Verbraucher.

Die GDVI Gesellschaft zur Durchsetzung von Verbraucher-Interessen GmbH setzt sich hierbei nach Auffassung des Verfassers jedoch auch gewissen Risiken aus. So ist nicht ausgeschlossen, dass die Veranlassung des Ausspruchs einer Vielzahl von Abmahnungen ihrerseits ein abmahnfähiges Verhalten darstellen könnte. Ggf. könnten betroffene Unternehmen sich mit einer Abmahnung wegen rechtswidrigem Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb zur Wehr setzen.

Zudem bestehen seitens des Verfassers Bedenken an der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Werbewidersprüche und der in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Abmahnungen.

So stellt sich bereits die Frage, ob das augenscheinlich automatisiert erstellte Standardschreiben bei Berücksichtigung der konkreten Funktionsweise von „Werbestopper“ überhaupt geeignet ist, gegenüber den werbenden Unternehmen eine Vielzahl von gleichgerichteten Willenserklärungen auszusprechen – unabhängig davon, dass das Schreiben regelmäßig nicht unterzeichnet ist und eine Vollmacht nicht vorgelegt wird.

Zudem ist der vermeintliche Eingriff in die Privatsphäre der betroffenen Verbraucher keineswegs derart evident, wie es die Abmahnschreiben Glauben machen möchten. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um nichtpersonalisierte Prospektwerbung handelt, die weder den Namen, geschweige denn die Adresse des Empfängers aufweist. Hier erscheint fraglich, ob ein schriftlicher Widerspruch geeignet ist, die künftige Werbefreiheit des Briefkastens zu gewährleisten. Es erscheint insbesondere zweifelhaft, dass für das werbende Unternehmen zum Zeitpunkt des Prospekteinwurfs tatsächlich im Rechtssinne erkennbar ist, bzw. überhaupt erkennbar sein kann, dass der Besitzer dieses Briefkastens keine Werbung oder nur die Werbung bestimmter Unternehmen wünscht.

Eines von mehreren in Betracht kommenden Argumenten könnte sein, dass der Verbraucher, der einen Werbewiderspruch erklären möchte, auch verpflichtet ist, in einem gewissen zumutbaren Rahmen an der Beachtung seines Wunsches, keine Werbung zu erhalten, mitzuwirken, nämlich durch Anbringung des Sperrvermerks an seinem Briefkasten. Hierbei handelt es sich nach Auffassung des Verfassers um eine sozialadäquate, etablierte und zumutbare Mitwirkungsmaßnahme – insbesondere im Licht des Informationsinteresses von Kunden, die mittels Werbung über das aktuelle Produktangebot informiert werden möchten, jedoch auch im Lichte der Berufsausübungsfreiheit von Austrägerunternehmen und des grundrechtlich geschützten Werbeinteresses der werbenden Unternehmen.

Es erscheint zudem empfehlenswert, möglichst frühzeitig zu reagieren und die von der GDVI Gesellschaft zur Durchsetzung von Verbraucher-Interessen GmbH übersendeten Werbewidersprüche unverzüglich mangels Vorlage einer Originalvollmacht zurückzuweisen, wobei die formalen Erfordernisse einer solchen Zurückweisung zu beachten sind.

Die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung erscheint aus Sicht des Verfassers nicht ohne Weiteres empfehlenswert. Stattdessen dürfte im Hinblick auf die aus dem Dienstleistungsangebot von „Werbestopper“ resultierenden Konsequenzen für die werbenden Unternehmen in der Regel eine streitige Auseinandersetzung zumindest in Betracht zu ziehen sein.

Dr. Sven J. Mühlberger, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz

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